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Informationen über den Huf, die Hufgesundheit und Anatomie

Ich werde immer wieder gefragt, ob die Hufe unserer Hauspferde denn überhaupt so aussehen können und so leistungsfähig sein können wie die Hufe der wildlebenden Pferde. Hier der direkte Vergleich:

Ich habe das Präparat eines Wildpferd-Vorderhufs neben dem Vorderhuf eines lebendigen Pferds fotografiert. Beim Präparat handelt es sich um den Huf eines Brumbys, eines australischen Wildpferds. Das lebendige Pferd ist ein Konik, der Nachfahre des ausgestorbenen europäischen Wildpferds Tarpan. Es lief zur Zeit der Aufnahme zu 90% komplett barhuf, also auch ohne Hufschuhe, im Schnitt an 5 Tagen die Woche. Davon an 3 Tagen mind. 1 Stunde, an 2 Tagen 3 Stunden und länger, auf Wiesen-, Schotter- und Asphaltwegen. Wenn entsprechen Zeit war und das Wetter paßte, kamen da schon mal 70-100km pro Woche zusammen.

 

   

Ich gebe zu, das ist schief fotografiert. Aber trotzdem kann man ganz gut erkennen, daß die Huflänge im Zehenbereich und auch im Trachtenbereich fast identisch ist. Das Präparat hat eine deutlichere Wölbung im Bereich der Seitenwand über dem Boden, so daß es aussieht, als ob der Huf nur mit Zehe und Trachenende den Boden berührt.

 

Und so sieht der Huf von innen aus. Die gerade Zehenwand hat eine einheitliche Dicke, ohne Verbiegungen und ohne eine verbreiterte Weiße Linie zur Sohle hin. Über dem Strahl ist das Hufkissen aus zähem Faserknorpel sehr gut ausgebildet; es dämpft und polstert das ganze Pferd in der Bewegung. Der Strahl ist bodenbündig und trägt so mit.

 

Das Präparat zeigt deutlich, wie perfekt und gleichmäßig das wildlebende Pferd seine Hufe benutzt und abgenutzt hat. Die abgerundete Außenkante, die "Mustang Roll" ist fast genauso gleichmäßig wie bei Reitpferd, dessen Hufe erst einige Tage zuvor nachberundet wurden. Die Wölbung der Unterkante der Seitenwand kommt dadurch zustande, daß der Wandüberstand rund um die Sohle etwa 2mm beträgt; dort, wo der Überstand dem Sohlenverlauf folgt, erscheint die Wölbung. Erkennbar wird das für uns auf festem, geradem Boden. Sobald sich das Pferd auf unebenem Terrain bewegt, trägt die Seitenwand genauso mit wie die Wand im Bereich von Zehe und Trachtenende.

In der Natur lebend wären die Pferde gezwungen, für ausreichend Nahrung im Schnitt ca. 30km pro Tag zu wandern. Tatsächlich fanden die Forscher des Australischen Brumby Research Unit Hufspuren und Roßäpfel von Wüstenbrumbies in einer Entfernung von 65km zum nächsten Wasserloch. Diese Pferdetrinken im Schnitt nur einmal alle vier Tage - öfter zum Wasserloch zu laufen können sie sich nicht leisten. Die guten Weidegründe sind zu weit entfernt, und tägliches Pendeln würde zuviel Kraft und auch zuviel Zeit kosten, denn während der Wanderungen fressen die Pferde kaum. Der Weg würde sie durch Steppenlandschaften mit unterschiedlichstem Terrain führen. Sie müßten Hindernisse überwinden und über schwierige Böden oder Geröll klettern. Dennoch haben solch (halb-)wild lebende Pferde – Mustangs in Nordamerika, Przewalski- und Mongolenpferde in Asien, verwilderte Militärpferde in der Namib in Westafrika, aber selbstverständlich auch Zebras und Wildesel – trotz der extremen Lebensbedingungen gesunde, widerstandsfähige Hufe – Hochleistungshufe.

 

   

Hier der Vergleich der Sohle und ihrer Wölbung

 

Wandüberstand: beim Wildpferd gleichmäßig 1-2mm, bei meinem Pferd im Seitenwandbereich etwas mehr

 

Nachfolgend schematisch ein Schnitt durch den Huf. Der letzte Knochen der Zehe ist das Hufbein, das in seiner Form dem Hornschuh entspricht. Das Hufbein bildet mit dem darüberliegenden Kronbein und dem dahinterliegenden Strahlbein das Hufgelenk. An der Unterseite des Hufbeins haftet die Tiefe Beugesehne an; sie zieht sich an der Rückseite der Zehe über das Fesselgelenk und dann über das Strahlbein, wo sie über einen Schleimbeutel gleitet. Das Strahlbein, der Schleimbeutel und die Tiefe Beugesehne bilden zusammen die sog. „Hufrolle“.

 

 

Wenn nun durch fehlende Hufpflege bzw. mangelhafte Bearbeiteitung die Zehe übermäßig lang wird, so wird der Abrollpunkt (also der Punkt, der in dem Moment noch am Boden ist, wenn der hinterste Teil der Trachten schon wieder den Boden verläßt) ungünstig nach vorn verlagert. Die Tiefe Beugesehne ist am stärksten im Moment des Abstoßens / Abfußens vom Boden belastet. Ist die Zehe zu lang, so erhöht sich die Belastung der Hufrolle (= „Sehnenumlenkrolle“) immens; die Tiefe Beugesehne wird strammer über den Schleimbeutel, der das eigentliche Sehnen-Gleitlager ist, gezogen. Dabei wird der gesamte Hufrollenapparat überlastet; die Folge ist im schlimmsten Fall die sog. Hufrollenentzündung, auch Hufrollensyndrom oder Strahlbeinlahmheit genannt.

Dummerweise bemerkt man den Schaden für gewöhnlich erst, wenn es schon zu spät ist, sprich wenn das Pferd „klamm“ läuft, langsam läuft, immer wieder lahmt, wobei die Lahmheit oft nicht einem Bein eindeutig zugeordnet werden kann, und im Stand immer wieder ein Bein nach vorn stellt, um zu entlasten. Im fortgeschrittenen Stadium hat das Pferd so starke Schmerzen im hinteren Teil des Hufs, daß es nicht mit den Trachten zuerst auf den Boden auftritt, sondern mit der Zehe, um den schmerzenden rückwärtigen Teil des Hufs zu schonen. Diese Zehenfußung ist vom Bewegungsablauf her gegenläufig zu der natürlichen Laufbewegung und somit zur natürlichen Gelenkbelastung; in der Folge wird die Hufrolle immer weiter strapaziert.

Durch die korrekte Hufbearbeitung kann hier eine deutliche Entlastung für die Hufrolle geschaffen werden. Der Abrollpunkt wird durch das Kürzen der Zehe wieder optimiert.

Ein wichtiger Punkt darf jedoch nicht unerwähnt bleiben: man darf bei der Anlehnung an ein Leitbild nicht vergessen, dass Pferde individuelle Unterschiede aufweisen. Somit muß auch jede Hufbearbeitung auf die individuellen Eigenschaften wie Gliedmaßenstellung, Hufstellung und Hufform Rücksicht nehmen. Ich informiere Sie gerne in einem persönlichen Gespräch darüber.

Die Trachten - ein Mysterium (?)

Bei meiner täglichen Arbeit werde ich immer wieder bezüglich der Trachten angesprochen. In der Regel geschieht dies im Sinne von „sind bei meinem Pferd die Trachten nicht zu hoch?“ - „Mein Pferd hat keine Trachten, es läuft auf dem Strahl!“ „Mein Osteopath / Physiotherapeut / Reitlehrer sagt, die Trachten müssen so und so bearbeitet werden...“

Was also ist die optimale Trachtenhöhe? Ganz einfach. Die optimale Trachtenhöhe ist so individuell wie das Pferd.

Definition Trachtenhöhe vs. Trachtenlänge

Die Trachtenhöhe ist das Maß des gefällten Lots von der Standfläche des Hufs bis zur Haarlinie am Trachtenende. Die Trachtenlänge dagegen ist das Längenmaß entlang der Trachtenhinterkante von der Aufstandsfläche zur Haarlinie.

 

 

 


 

Der argentinische Hufschmied Daniel Antz postuliert in seiner Theorie zur F-Balance, daß die Trachtenlänge der beiden Vorderhufe immer identisch ist, und daß die Trachtenlänge der beiden Hinterhufe zueinander ebenfalls identisch ist. Somit sei für die Vorderhufe dasselbe Längenmaß gültig für die äußere Trachte des linken Vorderhufs, die innere Trachte des linken Vorderhufs, die äußere Trachte des rechten Vorderhufs und die innere Trachte des rechten Vorderhufs. Für die Hinterhufe gelte dies analog, wobei das Längenmaß der Vorderhufe und das Längenmaß der Hinterhufe für sich betrachtet wird; die Trachtenlänge der Vorderhufe weicht somit von der Trachtenlänge der Hinterhufe ab.

Daniel Anz nutzt für seine Bearbeitungsstrategie die sog „Streßpunkte“ an den Trachten, die ihm sagen, bis wohin er die Trachten kürzen muß. Das kann unter Umständen dramatisch viel sein.

Der Amerikaner Pete Ramey, der wegweisend für die Bearbeitungsstrategie „Natural Hoof Care“ ist, orientiert sich für das Kürzen der Trachten an der Sohle. Er kratzt im Sohlen-Eckstreben-Winkel das Zerfallshorn weg und kürzt die Trachten so weit, daß noch etwa 1-2mm Material Überstand zur Sohle bleibt. Er vergleicht die Tiefe der inneren und äußeren Strahlfurche des Hufs. Er sagt, wenn der Abstand von der tiefsten Stelle der inneren Strahlfurche zur Aufstandsfläche der inneren Trachte gleich ist mit dem Abstand der tiefsten Stelle der äußeren Strahlfurche zur Aufstandsfläche der äußeren Trachte, dann ist von vorne betrachtet das Hufbein parallel zum Boden. Damit seien die Gelenke nicht verkantet, sondern korrekt von oben nach unten belastet.

 

 

 


 

Diese Bearbeitungstheorien machen zunächst einmal einen idiotensicheren Eindruck. Warum also trotzdem unter Umständen abweichend davon arbeiten?

 

Ulrich Tuletzky macht in seinem Vortrag zur Hufbalance (5. Farriers Meeting Ffm) deutlich, daß die Ursachen für Fehlstellungen in der mangelhaften Hufbearbeitung im Fohlenalter liegen können. Das Unterstützungsband des Fesselträgers und die Tiefe Beugesehne sind Gegenspieler; wird zB im Fohlenalter die Tiefe Beugesehne zu stark gespannt, dann manifestiert sich die „Bänder- und Sehnenlänge“ und kann im Nachhinein beim erwachsenen Pferd nicht mehr korrigiert werden. Ein solches Pferd wird immer einen flachen Huf und eine nach hinten gebrochene Zehenachse haben. Versucht man nun durch eine geänderte Bearbeitung oder durch einen Beschlag mit Keil den Huf steiler zu stellen, so schafft der Keil einen Zug auf das Unterstützungsband des Fesselträgers, das daraufhin sehr wahrscheinlich Schaden nimmt und das Pferd lahmt. Analog dazu ist das extreme Niederschneiden hoher Trachen eines steilen (Bock-)Hufs zu sehen: die manifestierte Sehnen- und Bänderlänge wird künstlich verändert, es kommt zu Schäden und Lahmheit.

 

 

Das Fazit für die optimale Trachtenhöhe ist somit: der Huf bietet verschiedene Parameter zur Orientierung, auf welche Länge man die Trachten kürzen kann. Hat man einen sehr flachen oder sehr steilen Huf, so sollte man auf Nummer Sicher gehen und weniger invasiv arbeiten. Oftmals sagt einem das Pferd, ob die Bearbeitung für das Tier noch angenehm war und es nach der Bearbeitung unter seinem Reiter gut läuft, oder ob man über das Ziel hinausgeschossen ist. Der Dialog mit dem Reiter ist hier ein wichtiges Thema; ebenso die Bereitschaft, die korrekt geglaubte Bearbeitung zu variieren, um das Ergebnis zu optimieren.

 

Sohle und Strahl werden nicht beschnitten, sie sollen mit dem Tragerand in einer Ebene liegen, also mit zum Tragen der Körperlast herangezogen werden. Es ist fehlerfaft, die Sohle so hohl zu schneiden, wie es bei beschlagenen Hufen der Fall ist, denn die Entwicklung und Stärke des Sohlenhornes ist bei unbeschlagenen Hufen besser als bei beschlagenen.

aus: Görte - Scheibner: Leitfaden des Hufbeschlages, 8. Auflage, Verlag von M. & H. Schaper, Hannover, 1936

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